Stellungnahmen von Leander Wattig und Friedrich Ani zum Eröffnungsvortrag 2023

»Am Samstag, den 29. April, haben wir im zehnten Jahr die Leipziger Autor*innenrunde veranstaltet, die wieder ausverkauft und großartig war. Leider wurde sie an einem Punkt eingetrübt, zu dem ich mich äußern will:

Während des Eröffnungsvortrags der Veranstaltung von Friedrich Ani hat eine Passage ein transfeindliches Narrativ bedient. Das hat viele der Anwesenden verletzt. Das tut mir sehr leid. An sich hätte ich direkt vor Ort auf der Bühne etwas dazu sagen müssen, habe jedoch offen gestanden nur partiell zugehört, weil ich im Kopf noch die Tagesorganisation durchgegangen bin.

Als unangenehm empfanden viele auch die negative Einordnung des Selfpublishing an anderer Stelle.

Beides entspricht nicht meiner Sicht und dem Charakter unserer Veranstaltung. Referent*innen, Teilnehmer*innen und Partner sowohl aus der queeren Community als auch aus dem Selfpublishing sind von Beginn an fester und wichtiger Bestandteil der Leipziger Autor*innenrunde. Ich stecke zusammen mit der Leipziger Buchmesse sehr viel Herzblut hinein, um die Veranstaltung möglichst vielfältig und inklusiv zu gestalten – zum Beispiel durch die Umbenennung in diesem Jahr.

Umso ärgerlicher ist nun diese Situation, weil sie unser Anliegen an der Stelle ins Gegenteil verkehrt. Wichtig sind mir aber nicht nur Worte, sondern auch Taten. Deshalb habe ich neben dieser Stellungnahme stellvertretend für andere ein längeres Feedback von Juri Pavlovic dazu an Friedrich Ani gegeben. Zudem werden wir 2024 ein Zeichen setzen mindestens im Rahmen des Eröffnungsvortrags, den wir an eine Person vergeben werden, die einer der marginalisierten Gruppen innerhalb der Buchbranche angehört.

Wir hoffen, dass Ihnen und euch die Leipziger Autor*innenrunde 2023 dennoch als das in Erinnerung bleiben wird, was sie war und sein sollte: eine tolle Konferenz auf Augenhöhe für alle Schreibenden.«

– Leander Wattig, Programmkurator und Organisator der Leipziger Autor*innenrunde

 

Wir haben Friedrich Ani vorab persönlich kontaktiert und ihm die Möglichkeit gegeben zu reagieren:

»Sollte ich durch meinen, von Ironie durchsetztem kurzen Vortrag Gefühle von Zuhörenden verletzt haben, bitte ich um Entschuldigung. Die Leipziger Autor*innenrunde ist ein Forum des absolut freien Denkens und Schreibens und eine enorme Bereicherung der Buchmesse. Sollten durch meine teils flapsigen Anmerkungen zum Schreibprozess Irritationen entstanden sein, bedauere ich das sehr. Selbstverständlich werde ich meinen Vortrag nirgendwo veröffentlichen, auch nicht in Auszügen. Und seien Sie versichert: Ich schreibe ausschließlich über Lebenswelten, die ich gut kenne.«

– Friedrich Ani, Keynote-Sprecher der Leipziger Autor*innenrunde 2023

4 Kommentare

  1. Da haben wir zwei Meinungen. Und? Menschen werden nie alle gleicher Meinung sein. Jeder, der Anis Aussagen nicht mag, kann das sagen.
    Mich hat auch einiges davon gestört.
    Aber in Zukunft nur noch darauf achten, dass alles Mainstream ist, fände ich viel furchtbarer.
    Können wir nichtmal agree, to disagree?

    • Juri Pavlovic schreibt:

      Ich kann in vielen Bereichen danit einverstanden sein, unterschiedlicher Meinung zu sein, aber wenn jemand eine Bühne erklimmt, um trans Personen die Existenz abzusprechen, dann sehe ich da keine Möglichkeit, geteilter Meinung zu sein.
      Er hätte das Thema komplett vermeiden können. Er wurde ja nicht gefragt “was halten Sie von trans Personen?”. Er hat seine Rhetorik bewusst darauf hin angelegt, um dieses Statement loslassen zu können. Und das ist transfeindlich.
      Und – es geht ja gerade nicht um Mainstream. Mainstream ist “weiß, cis, binär männlich / weiblich, ohne körperliche Einschränkung”. Wenn du willst, dass nicht alles Mainstream ist, dann muss der öffentliche Raum für Personen, die nicht mainstream sind, so gestaltet sein, dass sie nicht jederzeit damit rechnen müssen, dass irgendein Dude sie vor den Bus schubst.

  2. Kathrin Kühn schreibt:

    Ich bin erleichtert über das nachträgliche Statement zum Eröffnungsvortrag und froh, dass dieser Missklang aufgefallen ist und klargestellt wurde.

    Ansonsten empfand ich die Veranstaltung als wunderbar bereichernd und bin mit einem Kopf voller Ideen nach Hause gegangen. =)

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